CEO Karim Twerenbold mit Kapitän Karoly Csukonyi an Bord der Excellence Baroness am Basler Rheinhafen. Fotos: Fabian Häfeli

Die «grünste» Flotte Europas!

Der Schweizer Reeder Karim Twerenbold investiert in Nachhaltigkeit. Aus Überzeugung: «Leyla ist jetzt drei Jahre alt. Ich möch­te, dass sie in einer intakten Umwelt auf­wächst, und dafür tue ich, was in meiner Kraft liegt.»

Urs Heller, Leiter der Lifestyle-Zeitschriften bei Ringier & Chefredaktor des Gault Millau, traf den Unternehmer zum Gespräch über Gegenwart und Zukunft der Excellence-Flotte.

26. September 2023

Karim Twerenbold, Sie lehnen sich mit Ihrem Versprechen weit aus dem Fenster. Sie wollen Verantwortung übernehmen und Schadstoffe reduzieren. Geht das auf dem Wasser überhaupt?

Es geht! Wir haben früh aus eigenem Antrieb und Überzeugung auf Nachhaltigkeit gesetzt, lange bevor es dafür gesetzliche Vorschriften gab. Wirtschaftlichkeit mit ökologischem und sozialen Handeln in Einklang bringen – darum geht es uns. Die Excellence Empress war das erste Passagierflussschiff weltweit, das den Schadstoffausstoss auf ein bis dahin nicht bekanntes Niedriglevel brachte.

Die neuen Schiffe haben umweltgerechte Antriebe. Und die alten?

Wir wollen mit der ganzen Flotte nachhaltig sein. Nach dem Bau der «Empress» haben wir kontinuierlich nachgerüstet. Auch die «Coral» und «Queen» haben inzwischen die Gold-Zertifizierung. Ausserdem sind die Excellence Countess und Princess inzwischen mit Silber zertifiziert. Das kann keine andere Fluss-Flotte vorweisen. Wir sind sehr stolz darauf. Das alles bedeutet grosse Investitionen, die wir tätigen. Aber ich bin überzeugt: wir investieren hier in nichts weniger als in unsere Zukunft.

 

«Unser Klimabeitrag
soll immer mindestens dop­pelt so hoch sein
wie der unserer Kunden.»

 

Sie sind ein grüner Unternehmer!

Ich kompensiere seit Jahren konsequent meine Reisen, und viele Mitarbeiter in der Gruppe ticken auch so. Unsere Tochter Leyla ist jetzt drei Jahre alt. Ich möchte, dass sie in einer intakten Umwelt aufwächst, und dafür tue ich, was in meiner Kraft liegt. Reisen hinterlässt immer einen Fussabdruck. Aber wir können und wollen ihn minimieren.

Ein Klimabeitrag ist in Ihren Preisen integriert. Ihre Kunden zahlen mit.

So ist es. Unsere Kunden akzeptieren das. Wir haben bei diesem Thema keine Diskussionen. Auch sie sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Wir wälzen nur etwa dreissig Prozent des Klimaschutzbeitrags auf den Reisepreis um. Das Konzept ist: Unser Beitrag soll immer mindestens doppelt so hoch sein, wie der unserer Kunden. Das Geld wird in Klimaschutzprojekte der Stiftung Myclimate investiert.

Auf welche Leistung sind Sie besonders stolz?

Als wir 2019 beim Bau der «Empress» sagten: wir werden ein Schiff bauen, dass die Schadstoffe drastisch reduziert, haben viele gesagt: das wird nicht funktionieren! Aber wir haben das mit unseren niederländischen Partnern bewiesen. Feedbacks aus den Werften zeigen: Das hat auch andere Reedereien zum Nachdenken gebracht.

Karim Twerenbold (38) ist VR-Präsident und CEO der Twerenbold Reisen Gruppe. Er führt das Reiseunternehmen, eines der ältesten der Schweiz, in vierter Generation. Als Schüler putzte Karim die Twerenbold-Busse, legte Rechnungen ab, schrieb Reiseprogramme. Nach Matur und Betriebswirtschaftsstudium war sein erstes Grossprojekt der Bau der Excellence Princess, die nach Fertigstellung «Flussschiff des Jahres» wurde. Werner Twerenbold, der das Reiseunternehmen seiner Vorväter gross gemacht hatte, verunfallte im Dezember 2015 tödlich. Sein Sohn Karim verlor damit nicht nur seinen Vater, sondern auch sein Vorbild und seinen Lehrmeister. Schon seit 2013 hatte er die Gruppe operativ geführt. 2016 übernahm er auch die strategische Führung. Auch seine Mutter Nazly Twerenbold ist als Interior Designerin der Excellence-Schiffe für das Unternehmen tätig. Karim Twerenbold lebt mit seiner Familie in Baden.

 twerenbold.ch/history
 

Sie sind auch Busunternehmer. Ein nachhaltiger Busunternehmer?

Wir haben eine der modernsten Busflotten europaweit, mit Euro-6-Motoren der modernsten Generation. Wir haben dieses Jahr wieder 18 Busse ersetzt. Aber das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Wir beobachten gespannt, welche neue Technologie sich durchsetzt: Wasserstoff? Elektromotoren? Stand heute vermute ich Wasserstoff. Ist diese Frage geklärt, werden wir weiter investieren.

Sie sind Reeder mit neun eigenen Schiffen. Man könnte Schiffe aber auch nur chartern.

Das liegt in unserer DNA. Seit 1895 betreiben wir unsere Fahrzeuge als Eigentümer, damals waren es Kutschen, heute sind es Busse und Schiffe. Wir wollen weiterhin Besitzer sein und bauen seit 2004 unsere eigenen Schiffe. Sie sind zu hundert Prozent eigenfinanziert, und wir haben zu hundert Prozent alles in eigener Hand. Wir können unsere Ideen umsetzen. Meine Mama Nazly richtet jedes Schiff individuell ein, wir müssen keine Standardlösungen übernehmen. Das kann man nur als Eigner, das macht uns einzigartig. Wir fahren unter Schweizer Flagge. Das machen viele, aber wir sind ein echtes Schweizer Familienunternehmen. Basel ist unser Heimathafen, hier werden unsere Schiffe getauft.

Ihr zehntes Schiff sehen Sie wohl niemals mehr: die Excellence Katharina, die eigentlich zwischen Moskau und Sankt Petersburg unterwegs sein müsste.

Das tut weh. Die «Katharina» war das letzte Projekt, das ich zusammen mit meiner Mutter und meinem leider zu früh verstorbenen Vater mit viel Herzblut umgesetzt habe. Doch das mit dem Krieg verbundene Leid macht mich ebenfalls nachdenklich und traurig.

 

«Unter Schweizer Flagge fahren viele,
aber wir sind ein echtes
Schweizer Familien­unternehmen. Basel ist unser Hei­mathafen.»

 

Ihre Flotte heisst Excellence, und Sie sprechen von «kleinen Grandhotels». Ein grosses Versprechen!

Richtig. Aber das Versprechen entspricht unserer Philosophie. Excellence steht für Qualität, Top-Service, Top-Essen und Gastlichkeit. Vor allem aber für eine kompromisslose Ausrichtung auf den Gast. Wir wollen wie viele Grandhotels diese Werte mit der Moderne kombinieren und damit auch jüngere Leute ansprechen.

Eine Nacht im Grandhotel ist teuer geworden – eine Reise auf einem Excellence-Schiff erstaunlich günstig.

Wir streben ein stimmiges Preis-Leistungs-Verhältnis an, wollen nicht überteuert sein. Excellence-Schiffe bieten weit mehr als den üblichen Standard. Qualität steht über allem, aber der Preis muss attraktiv bleiben.

Beim Essen lösen Sie das Versprechen auf eindrückliche Weise ein. Die besten Köche sind regelmässig bei Ihnen an Bord tätig. Weil Sie selbst ein leidenschaftlicher Esser sind?

Ich bin ein neugieriger Esser. Und ja, auch ein leidenschaftlicher. Ich will in jedem Land erleben, was es zu essen gibt. Auf Streetfood bin ich dabei genauso neugierig wie auf die gehobene Küche. Wir haben europaweit wohl das grösste Gourmetfestival. Unserem Geschäftsleiter Stephan Frei gelingt es jedes Jahr, hervorragende Köche an Bord zu holen. Die Gäste können Starchefs hautnah erleben, die Köche können sich einem breiteren Publikum präsentieren. Sie kommen gerne, auch weil wir ihre Gastspiele auf dem Fluss perfekt organisieren. Was das Team von Mittelthurgau da leistet, ist fantastisch!

 

«Leyla ist jetzt drei Jahre alt.
Ich möch­te, dass sie in einer intakten Umwelt auf­wächst, und dafür
tue ich, was in meiner Kraft liegt.»

 

Sie sind mit Ägypten, der Heimat der Familie Ihrer Mutter, eng verbunden. Taufen Sie demnächst ein Schiff
«Excellence Kairo»?

Never say never. Ägypten ist eine tolle Destination. Alle schwärmen davon. Die Frage stellt sich: Sollen wir uns von unseren Emotionen leiten lassen und auch in Ägypten investieren? Vieles muss stimmen, um ein solches Projekt umzusetzen. Wir denken immer wieder darüber nach, aber ein konkretes Projekt ist aktuell nicht in der Pipeline.

Nicht nur die Technologie verändert sich, auch die Programme an Land. Der 08/15-Landausflug genügt nicht mehr.

Absolut richtig. Wir wollen, dass unsere Passagiere «mittendrin» sind und mit neuen Programmen neue Gäste von uns überzeugen. Golf, Wandern, Velo, Kultur, Kulinarik, Naturerlebnisse – das lässt sich sehr gut mit einer Flussreise kombinieren. Da ist das Team von Mittelthurgau gefordert. Ich bin immer wieder erstaunt, über die Kreativität und Innovationskraft unserer Schiffsreisenmacher. Wir sind in Europa sehr gut vernetzt und haben hervorragende Persönlichkeiten in unserem Expertenpool, die an Bord kommen und Landtouren begleiten. Wir wollen, dass die Gäste lange von den Ferienerlebnissen zehren können. Wer heute auf Reisen geht, sucht Erholung, Erlebnis, Begegnung. Wir bieten mit Excellence diesen Dreiklang an.

2025 wird die Twerenbold-Gruppe 130 Jahre alt. Wir nehmen mal an: Gefeiert wird wie immer in einem Opernhaus.

Klassische Musikreisen sind uns sehr wichtig. Für nächstes Jahr sind drei komplette Konzerte in Bamberg, Nürnberg und in der Semperoper Dresden gebucht. Und klar: Für das 130-Jahre-Jubiläum lassen wir uns etwas Besonderes einfallen – nicht nur musikalisch. Da dürfen Sie gespannt sein!

Mehr zur Umweltpionier-Flotte unter excellence.ch/nachhaltigkeit

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